Seegeschichten vom Altmühlsee Folge 4
"Zwischen Bratwurst und Biberburg"
Gespräch mit Evi Kraft über „ihren“ Altmühlsee
Wenn der Altmühlsee erzählen könnte, er würde vermutlich ihre Stimme
haben. Warm, zugewandt, ein bisschen fränkisch, ein bisschen frech. Und
ganz sicher würde er die Geschichten genauso gerne erzählen wie Evi Kraft –
die Frau, die den See nicht nur kennt, sondern liebt wie andere ein gutes
Schäufele.
Fast vier Jahrzehnte lang beobachtet sie schon, wie sich das Gewässer
inmitten des Fränkischen Seenlands wandelt – vom schotterigen Radweg-
Paradies zum fliegenden Surfzentrum. „Ich sitz hier wie ein Zeitzeuge“, sagt
Kraft und lacht. Früher habe man die Prospekte noch mit der Schere und dem
Klebstift gemacht – heute gibt’s Designer. Und trotzdem: Der See war nie
schöner.
Wer Evi Kraft zuhört, spürt schnell: Für sie ist der Altmühlsee kein
Postkartenmotiv. Es ist ein lebendiger Organismus. Ein Ort für „Omm“-
Momente im Wiesmet genauso wie für Sonnenuntergangs-Cocktails in
Schlungenhof. Mal stille Bühne für den Eisvogel, mal Showtreppe für den
Biber. Und manchmal – beides gleichzeitig.
Dass hier früher die Römer standen, wundert sie wenig. „Die wussten halt
auch, wo’s schön ist“, meint sie trocken. Heute gibt’s für deren Nachfahren
einen Römer-Spielplatz – generationsübergreifend, versteht sich – und für
die Ornithologen einen barrierefreien Aussichtsturm. Fränkische Inklusion
eben.
Gunzenhausen, das kleine Herz der Region, liebt sie besonders für seine
kleinen, inhabergeführten Läden. „Kein Einkaufszentrum, sondern
Einkaufsfreude“, sagt sie. Donnerstags ist Wochenmarkt. Freitags vielleicht
mal ein Cappuccino. Und sonntags? „Kommt der Biber. Da ist Verlass.“
Sie spricht vom See wie von einem alten Freund, den man immer wieder neu
entdeckt. Wingfoiler fliegen jetzt, wo früher Surfer wackelten. Und statt der
alten „normalen“ Radler fahren heute E-Biker mit Hightech-Rädern auf
getrennten Wegen. „Der Altmühlsee ist erwachsen geworden“, sagt sie. „Aber
langweilig ist er nie.“
Was man hier unbedingt essen müsse? „Fränkische Bratwurst, logisch“, sagt
Kraft. Und zwar genau hier – denn zehn Kilometer weiter schmeckt’s schon
wieder anders. Wer es deftiger mag, nehme das Schäufele. „Ein kleines halt“,
fügt sie augenzwinkernd hinzu.
Und was wünscht sich Evi Kraft für die Zukunft? Eigentlich nur, dass es so
spannend weitergeht wie bisher. Dass der See nie stillsteht. Und dass die
Menschen ihn weiterhin so erleben, wie er gemeint ist: lebendig, offen,
manchmal überraschend.
Oder, wie sie es selbst zusammenfasst: „Nimm’s, wie’s kommt. Es wird schon
gut.“