Seegeschichten vom Altmühlsee Folge 10
"Liebeserklärung an den Altmühlsee"
Es ist kein spektakulärer Ort. Kein Instagram-Spot, kein Ziel für
Fernwehträumer. Und vielleicht liegt gerade darin sein Reiz. Ein kleiner Kiosk
am Überleiter des Altmühlsees. Blick auf eine Insel, Bratwurstduft, ein kühles
Bier. Laura Horrolt nennt ihn ihren Lieblingsplatz. Nicht, weil dort etwas
Großes geschieht – sondern weil dort das Leben innehält.
Der Altmühlsee braucht keine Kulissen. Er ist selbst Bühne genug – für stille
Momente, echte Begegnungen und eine Natur, die nicht laut sein muss, um
berührend zu sein.
Horroldt ist 36, Unternehmerin, Hotelière, Pferdeliebhaberin. Sie leitet das
Parkhotel Altmühltal in Gunzenhausen – ein stattliches Haus, das nicht auf
Effizienz, sondern auf Haltung gebaut wurde. Steile Dächer statt
Bauhauskasten. Frühstücksraum mit Radlerblick. „Kein Konzepthotel“, sagt
sie, „sondern ein Ort, der gewachsen ist.“
Wie so vieles in ihrer Geschichte: Ihr Vater, Diplom-Ingenieur,
Supermarktplaner und Genussmensch, wurde vom damaligen
Bürgermeister mit einem Satz ins kalte Wasser geworfen: „Klaus, wir
bräuchten mal ein gescheites Hotel.“ Der Rest ist Familienchronik – mit
Betonmischer, Mut und einem gewissen Trotz. Heute ist das Haus 30 Jahre
alt. Die Tochter führt es mit jener Mischung aus Klarheit und Bodenhaftung,
die in dieser Gegend öfter vorkommt als man denkt.
Wer ihr zuhört, hört das Plädoyer für ein anderes Reisen: für Bewegung in
der Natur, für Dörfer, die sich nicht herausputzen müssen, weil sie nie
aufgehört haben, Dorf zu sein. „Augenurlaub“, sagt sie. Ein schöner Begriff –
leise, aber treffend. Die Gäste, die kommen, sind Aktivmenschen, Familien,
Entschleuniger. Viele reisen mit dem Rad an, manche mit dem Zelt, manche
mit einem feinen Gespür für den Unterschied zwischen touristischem
Produkt und echter Gastlichkeit.
Der Altmühlsee hat die Region verändert, sagt sie – wirtschaftlich, ja. Aber
auch mental. Aus einer strukturschwachen Gegend wurde ein Ort mit
Haltung. Einer, der Camping und Komfort gleichermaßen erlaubt. Einer, der
nicht trennt zwischen „oben“ und „unten“, sondern alle an denselben Tisch
holt – oder wenigstens an denselben See.
Vor allem aber ist er ein Ort, an dem Naturerfahrung nicht als Programm,
sondern als Gefühl geschieht – auf dem Rad, im Wasser, beim Blick über das
Land. Kein anderer See in der Region verbindet Landschaft, Lebensqualität
und Langsamkeit so selbstverständlich.
Als Kind steht Laura Horrolt auf einem Spielplatz am zugefrorenen Ufer –
dick eingepackt, das Wasser unter Eis, der Blick weit. Der Spielplatz existiert
noch, aber heute ist alles professioneller: mehr Geräte, weniger
Improvisation. „Früher war’s einfacher“, sagt sie. Vielleicht meint sie damit
auch das Leben.
Was blieb, ist der See. Und Menschen wie sie, die nicht nach Visionen
suchen, sondern nach Momenten, die zählen.
